Karma

Nach der Lehre vom Abhängigen Entstehen können Wirkungen nur entstehen, wenn die entsprechenden Ursachen vorhanden sind. Diese Gesetzmäßigkeit, die wir in der materiellen Welt beobachten können, gilt auch im geistigen Bereich. Für eine effektive Meditation, d. h. eine kraftvolle Gewöhnung des Geistes an Heilsames, braucht man bestimmte Umstände. Man vermindert Hindernisse bei der Meditation am besten, indem man den Geist reinigt und mit der Kraft von Verdiensten stärkt. Zu diesem Zweck bringt man als Buddhist den Drei Juwelen — Buddha, Dharma und Sangha — Gaben dar, nimmt Zuflucht und entwickelt eine gute Motivation. Dann rezitiert man ein Gebet, das z. B. die Visualisation des Buddha Shākyamuni und die Darbringung der so genannten Sieben Zweige enthält.

Nun widmen wir uns dem eigentlichen Meditationsobjekt. Karma wird auch als die Lehre vom Abhängigen Entstehen auf innerem Gebiet bezeichnet. Nach buddhistischer Lehre liegen die Ursachen für all das, was wir erleben, in unseren eigenen Handlungen der Vergangenheit. Heilsame Handlungen führen zu Glück. Unheilsame Handlungen wie z. B. das Töten führen zu Leid. Sie bringen Leid nicht nur für den direkt Geschädigten, sondern auch für den Handelnden selbst.

Wenn man über Karma meditiert, sollte man sich bewußt sein, daß der Geist ähnlich wie ein Fluß in Form eines Kontinuums existiert. Das Geistkontinuum geht über dieses Leben hinaus und verbindet sich nach dem Tod mit einem neuen Körper. Die Handlungen, die wir in diesem Leben durchführen, werden in Form eines Potentials im Geist „gelagert“ und reifen unter entsprechenden Umständen in späteren Leben zu Leid oder Glück heran. Wenn wir Glück in der längeren Zukunft wünschen, sollten wir die entsprechenden Ursachen in Form von heilsamen Handlungen jetzt setzen. Dann können wir die Hoffnung haben, daß sie im Tod spontan geweckt werden und uns in eine gute Wiedergeburt führen. Auf diese Weise im Einklang mit dem Gesetz von Handlungen und ihren Wirkungen zu handeln, ist die wesentliche Anweisung, die mit der Zufluchtnahme zum Dharma verbunden ist. Das heilsame Tun ist der eigentliche Nutzen religiöser Praxis und die Grundlage für das Erlangen der Erleuchtung. Nachdem wir uns in der Meditation diesen Zusammenhang vergegenwärtigt haben, führen wir uns vier Charakteristika von Karma vor Augen:

1. Karma ist definitiv: Heilsame Handlungen führen immer nur zu Glück, unheilsame Handlungen ziehen immer nur Leid nach sich.

2. Karma vermehrt sich ständig: Karmische Potentiale, die im Bewußtsein vorhanden sind, wachsen noch weiter an, wenn sie nicht durch Gegenkräfte zerstört werden.

3. Karma ist eindeutig: Man erlebt niemals Wirkungen von Handlungen, die man nicht selbst begangen hat.

4. Karma verliert niemals seine Kraft: Wie lange ein karmischer Same auch im Bewußtsein ruhen mag, er wird seine Wirkung entfalten, wenn die Umstände vollständig sind.

Wenn wir unsere Gedanken in dieser Weise geführt haben, fassen wir den festen Entschluß, in Zukunft unheilsame Handlungen zu unterlassen und Heilsames anzusammeln. So sagte der Buddha: „Begehe keine einzige unheilsame Tat, vollführe in rechter Weise das Heilsame, und zähme deinen Geist. Das ist die Lehre des Erwachten.“ Wir konzentrieren uns auf diesen Entschluß, so intensiv wir können. Am Ende der Meditation stellen wir uns vor, daß von dem Buddha oder einem anderen heiligen Wesen, das sich vor uns im Raum befindet, Licht ausgeht und uns segnet. Der Segen stabilisiert unseren Entschluß und reinigt uns von karmischen Hindernissen. Das Heilsame aus dieser Meditation widmen wir dem Wohl aller Wesen.