Was zwischen den Meditationssitzungen zu tun ist

von Dsche Tsongkapa Lobsang Drakpa

In seinem großen Werk "Lamrim Tschenmo", der "Großen Darlegung des Stufenwegs zur Erleuchtung", gibt der tibetische Meister Dsche Tsongkapa (1357-1419) Ratschläge für die Zeit zwischen den Meditationssitzungen. Wir veröffentlichen im Folgenden eine Passage aus seinem Werk, das 2000 bei Snow Lion erschienen ist. Der traditionelle Text ist auch für die heutige Zeit sehr bedeutsam..

Im Allgemeinen gibt es zwischen den Meditationssitzungen vieles zu tun. So kann man beispielsweise Niederwerfungen und Umrundungen machen oder Gebete und Schriften rezitieren. Das Hauptsächliche ist jedoch Folgendes: Nachdem man sich bemüht hat, während der Sitzung zu meditieren, und an den Punkt gekommen ist, die Sitzung zu beenden, besteht die Gefahr, dass man nicht mehr fortfährt, sich auf Vergegenwärtigung und wachsame Selbstprüfung zu stützen und möglicherweise alles loslässt, was es zu bewahren gilt: den Meditationsinhalt. Wenn man dies tut, werden die Fortschritte äußerst gering sein. Wir sollten deshalb auch zwischen den Sitzungen die Aufmerksamkeit auf Belehrungen richten, die die Bedeutung des Meditationsobjekts erschließen, und uns immer wieder daran erinnern.

Wir häufen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln Verdienste an, die günstige Umstände für das Hervorbringen guter Qualitäten sind. Wir räumen mit verschiedenen Mitteln die Hindernisse aus dem Weg, die ungünstige Bedingungen darstellen. Die Grundlage für alles ist, das anzuwenden, was wir wissen, und danach zu streben, jedes Gelübde, das wir abgelegt haben, einzuhalten. Es gibt Erklärungen, in denen diese Punkte als dreifache Übung zusammengefasst werden: (1) den Geist im Meditationsinhalt zu schulen, (2) die Gelübde einzuhalten und (3) Verdienste anzusammeln.

Darüber hinaus schulen wir uns in den vier Gruppen guter Bedingungen, welche die Ursachen dafür sind, dass der Pfad von Geistiger Ruhe und Besonderer Einsicht leicht entsteht: (a) die Sinne zügeln; (b) bewusst handeln; (c) maßvoll essen und (d) sich darum bemühen zu praktizieren, ohne zur falschen Zeit zu schlafen, und während des Schlafes angemessen zu handeln.

Die Sinne zügeln
Dieser Abschnitt besteht aus fünf Teilen. Im ersten Teil geht es um das, womit die Sinne gezügelt werden. Sie werden gezügelt, indem die Vergegenwärtigung aufrechterhalten und beharrlich weitergeführt wird. Die Vergegenwärtigung aufrechtzuerhalten bedeutet, dass sie wiederholt geübt wird, ohne die Belehrungen zu vergessen, die sich auf das Zügeln der Sinne beziehen, sowie auf die anderen drei Vorbedingungen. Das kontinuierliche Aufrechterhalten der Vergegenwärtigung bedeutet, dass man sie fortwährend mit Respekt übt. Das, was man zügelt, sind die sechs Sinne [fünf Sinne plus das geistige Bewusstsein, Anm. des Übersetzers]. Das, wovor man die Sinne zügelt, sind die sechs attraktiven und sechs unattraktiven Sinnesobjekte.

Wie wir die Sinne unter Kontrolle bringen, lässt sich in zwei Abschnitte einteilen:

1) Die Sinne bewachen: Wenn die sechs Bewusstseinsarten [Augenbewusstsein etc.] aktiv sind, die auf den verschiedenen Sinnesobjekten und Sinneskräften basieren, erzeugt das geistige Bewusstsein Anhaftung an die sechs attraktiven Sinnesobjekte oder Abneigung gegenüber den unattraktiven. Die Sinne zu bewachen bedeutet, dass wir unseren Geist vor Anhaftung und Abneigung schützen und uns große Mühe geben, diese nicht entstehen zu lassen.

2) Die sechs Sinne zu zügeln bedeutet, die Sinneskräfte zu stoppen. So lassen wir sie beispielsweise nicht mit Sinnesobjekten in Kontakt kommen, die Leidenschaften hervorrufen, wenn wir sie zum Beispiel anschauen.

Darüber hinaus beinhaltet "die Sinne bewachen", dass wir weder von den sechs Sinnesobjekten Notiz nehmen noch sie uns vorstellen. Dies erreichen wir durch Zügelung, auch wenn negative Faktoren wie Anhaftung auf Grund von Vergesslichkeit oder starken Leidenschaften aufsteigen. "Notiz nehmen von" heißt das Wahrnehmen und das Richten der Aufmerksamkeit auf die beabsichtigte und unbeabsichtigte Erscheinung von Sinnesobjekten wie Formen, die man nicht anschauen sollte. "Sich vorstellen" kann sich darauf beziehen, dass das geistige Bewusstsein Sinnesobjekte wahrnimmt, die Anhaftung, Abneigung und Unwissenheit hervorrufen, nachdem die sechs Bewusstseinsarten mit den Objekten in Berührung gekommen sind. Es kann sich auch darauf beziehen, von anderen über diese Sinnesobjekte zu hören und sie sich daraufhin vorzustellen, obwohl man sie nie selbst wahrgenommen hat.

"Zügeln" meint, den Geist vor Leidenschaften zu schützen und ihn dann auf etwas zu richten, das ethisch neutral oder heilsam ist. Der Zeitpunkt, zu dem der Geist auf etwas "Heilsames und ethisch Neutrales" gerichtet wird, erstreckt sich nicht auf die Zeit, in der er ein heilsames Meditationsobjekt wahrnimmt, sondern auf andere Zeiten, zum Beispiel während körperlicher Aktivitäten.

I) Die Grundlagen der Handlungen; dieser Teil gliedert sich in zwei Abschnitte: die fünf Handlungen der Bewegung und die fünf Aktivitäten in einem Tempel. Bei den fünf Handlungen der Bewegung handelt es sich um: (1) Handlungen des Körpers: sich an andere Orte begeben wie Städte und Tempel und von diesen zurückkehren; (2) Handlungen der Augen: Objekte mit dem Blick streifen, weil man sie ohne Absicht wahrgenommen hat, sowie die Objekte, die man bewusst anschaut, voll wahrnehmen; (3) Handlungen der Gliedmaßen, Finger und Zehen: die Gliedmaßen, Finger und Zehen ausstrecken und anspannen; (4) Handlungen im Zusammenhang mit religiösen Kleidungsstücken und Almosenschalen: das Umgehen mit und die Benutzung der drei Arten religiöser Kleidungsstücke und der Almosenschale; (5) Handlungen im Zusammenhang mit Almosen: Essen, trinken usw.

Bei den fünf Handlungen im Tempel handelt es sich um (1) Handlungen des Körpers: sich in einem zum Gehen ausgewiesenen Areal bewegen; zu jemandem gehen, der sich in Übereinstimmung mit den Lehren befindet; einen Durchgang betreten, um die Lehren zu empfangen; sich in der Gegenwart derer befinden, auf die man treffen wollte und die sich in Übereinstimmung mit den Lehren befinden, dem Abt, Meister, Guru u.a.; in voller Lotoshaltung sitzen usw.

(2) Handlungen der Rede: die mündliche Überlieferung der zwölf Zweige der Schriften erhalten, zu denen man bisher keine Unterweisungen bekommen hatte; diese alle verstehen; das, was man empfangen hat, rezitieren; die Unterweisungen an andere weitergeben; sich mit anderen darüber austauschen, um deren freudige Anstrengung zu unterstützen.

(3) Handlungen des Geistes: während des mittleren Teils der Nacht schlafen. Indem man sich an einen ruhigen Ort zurückzieht und nicht spricht, während man über die Bedeutung dessen nachdenkt, was man gehört hat, bemüht man sich auf der Grundlage der neun Geisteszustände um Konzentration und Einsicht. Wenn man sich auf Grund heißen Wetters müde fühlt, unternimmt man etwas, um den Wunsch nach Schlaf zu einer unangemessenen Zeit zu vertreiben.

(4) Handlungen des Tages und (5) Handlungen der Nacht: Beide beziehen sich darauf, nicht während des Tages zu schlafen oder während des ersten und letzten Teils der Nacht. Sie beziehen sich auch auf physische und verbale Handlungen. Darüber hinaus bezieht sich die Aussage, dass man während des mittleren Teils der Nacht schlafen soll, nur auf Handlungen in der Nacht und Handlungen des Geistes.

II) Bewusst handeln mit Respekt gegenüber den Grundlagen. Das bewusste Handeln mit Respekt gegenüber den oben erwähnten zehn Grundlagen gestaltet sich wie folgt: Wenn wir mit einer Bewegung oder Aktivität beginnen, sollten wir dies von Anfang an gewissenhaft tun und Vergegenwärtigung im Hinblick auf die Handlung entwickeln. Von diesen beiden Geisteszuständen durchdrungen, analysieren wir die verschiedenen Aspekte einer Situation und untersuchen, wie wir weiter vorgehen; dann denken wir im Licht der Schlussfolgerung, die wir gezogen haben, über die Situation nach und entwickeln ein Verständnis dafür.

In diesem Sinne gibt es vier Bestandteile:1) Das Element der Grundlage: Im Hinblick auf jegliche der zehn Grundlagen - jene der körperlichen Aktivitäten usw. - sollten wir untersuchen, was passiert und wie wir vorgehen wollen und dann die Situation im Lichte dessen betrachten, was wir daraus folgern. So sollten wir zum Beispiel die Aktivitäten des Weggehens und Zurückkommens gemäß dessen verstehen, was in den Texten zur Disziplin gelehrt wird. Während wir weggehen und zurückkommen denken wir, "Jetzt tue ich dies, und jetzt tue ich das."

2) Das Element der Richtung: Im Hinblick auf die Richtungen analysieren wir, was geschehen wird und wie wir vorgehen sollten; dann betrachten wir die Situation im Lichte dessen, was wir daraus gefolgert haben. Wenn wir beispielsweise weggehen, sollten wir nicht zu einem der fünf Orte gehen - einem wo Alkohol verkauft wird usw. Wer verstanden hat, dass er andere als diese Orte aufsuchen sollte, muss in dieser Hinsicht wachsam sein, wenn er weggeht. 3) Das Element der Zeit: Im Hinblick auf die Zeit untersuchen wir, was geschehen könnte und wie wir vorgehen sollten; dann betrachten wir die Situation im Lichte dessen, was wir daraus gefolgert haben. Wer beispielsweise verstanden hat, dass es angemessen ist, am Morgen in die Stadt zu gehen, nicht jedoch am Nachmittag, sollte danach handeln und zu dieser Zeit wachsam sein.

4) Das Element der Handlungen: Ungeachtet dessen, wie viele Handlungen wir ausführen, analysieren wir, was geschehen könnte und wie wir vorgehen sollten; dann betrachten wir die Situation im Lichte dessen, was wir daraus gefolgert haben. Wenn wir beispielsweise weggehen, sollten wir an alle Regeln denken, die im Zusammenhang mit dem Weggehen stehen, wie zum Beispiel, "dass man eine andere Wohnung in einer sehr zurückhaltenden Art und Weise betreten sollte."

Kurz gesagt, sollten wir bei allen Handlungen während des Tages und der Nacht wachsam sein. Darüber hinaus gilt es zu verstehen, welche Taten ausgeführt und welche unterlassen werden sollten. Bei jeder Handlung sind wir wachsam und denken, "Nun beschäftige ich mich mit diesem oder jenem" oder "nun wende ich mich von diesem oder jenem ab." Es heißt, wenn wir dies tun, werden wir in diesem Leben nicht durch Übertretungen befleckt; sogar nach dem Tod werden wir nicht in die leidvollen Bereiche fallen; und wir werden über die Voraussetzungen verfügen, um Wissen auf dem Pfad zu erlangen, das wir bislang noch nicht haben.

Ich habe diese beiden Teile über das bewusste Handeln und das Zügeln der Sinne in Übereinstimmung mit den Sutra-Zitaten des edlen Wesens Asanga und den späteren Kommentaren zur Bedeutung dieser Zitate verfasst. Wir sollten an diesen Übungen arbeiten; wenn wir dies tun, werden wir ungewöhnlichen Erfolg in allen heilsamen Praktiken haben, denen wir uns widmen. Im Besonderen wird die ethische Disziplin völlig rein sein, und wir werden ohne Schwierigkeiten die von Gedanken freien Versenkungszustände erlangen, die aus der Geistigen Ruhe und Besonderen Einsicht bestehen.

Maßvoll essen
Eine angemessene Ernährung hat vier Eigenschaften: 1) Nicht zu wenig essen: Wer zu wenig isst, bleibt hungrig und wird schwach, so dass ihm die Kraft zum Ausführen heilsamer Handlungen fehlt. Deshalb bedeutet, "nicht zu wenig zu essen", dass wir genau die Menge zu uns nehmen, die es uns erlaubt, bis zum Mahl des nächsten Tages keinen Hunger zu verspüren. 2) Nicht zu viel essen: Wenn wir zu viel essen, wird der Körper schwer, als ob wir eine Last tragen. Es wird schwierig ein- und auszuatmen; Schläfrigkeit und Lethargie nehmen zu. Wir werden ungeeignet zum Ausführen von Handlungen, so dass uns keine Kraft bleibt, Leiden zu vermeiden.

3) Gut verdauliche und gesunde Nahrung zu sich nehmen: Mit solcher Nahrung vermeiden wir alte Gefühle von Leiden, die aus der Ernährung resultierten, und schaffen keine neuen. 4) Angemessene Nahrung zu sich nehmen, die keine Leidenschaften verursacht: Mit solcher Nahrung bringen wir keine schlechten Taten hervor und bleiben glücklich.

Das Mittel gegen die Gier nach Nahrung ist die Meditation über ihre Fehler; hiervon gibt es drei: (1) Der Fehler, der sich aus den Ursachen des Genusses ergibt: Wir sollten darüber kontemplieren, dass jegliche farbenfrohe, aromatische und gut schmeckende Nahrung wie Erbrochenes aussieht, sobald wir sie gekaut und eingespeichelt haben. (2) Der Fehler, der sich aus dem Verdauen von Nahrung ergibt: Wir kontemplieren darüber, dass Nahrung solche körperlichen Elemente wie Fleisch und Blut hervorbringt, nachdem die Nahrung in der mittleren oder letzten Periode der Nacht verdaut wurde. Weiter führen wir uns vor Augen, wie ein Teil der Nahrung in Exkremente und Urin umgewandelt wird und dann im unteren Teil des Körpers verbleibt; noch dazu müssen diese Exkremente jeden Tag ausgeschieden werden. Wir sollten uns bewusst machen, wie viele Krankheiten im Zusammenhang mit der Nahrung entstehen.

(3) Die fünf Fehler, die beim Anschauen von Nahrung entstehen: Bei diesen handelt es sich um die folgenden: 1) Der Fehler der Beschaffung: Während man von Hitze und Kälte gepeinigt wird, muss man große Anstrengungen unternehmen, um Nahrung zu beschaffen und die Bedingungen für die Beschaffung zusammenzubringen. Wenn man die Nahrung nicht beschafft, erleidet man Sorgen usw. Selbst wenn man die Nahrung beschafft, muss man fürchten, dass sie gestohlen oder verschwendet wird, und so leidet man, da man große Anstrengungen unternehmen muss, um sie zu sichern.

2) Der Fehler des Ruins enger Beziehungen: Selbst enge Verwandte wie Väter und Söhne würden sich um der Nahrung willen streiten und bekämpfen. 3) Der Fehler der Unersättlichkeit: Könige und dergleichen bekriegen sich und erleben viel Leid, wenn sich ihre Gier nach Nahrung verstärkt. 4) Der Fehler des Mangels an Unabhängigkeit: Diejenigen, die das Brot anderer essen, erfahren viele Leiden, wenn sie im Namen ihrer Anführer mit Gegnern kämpfen. 5) Der Fehler, der aus falschem Handeln entspringt: Nachdem man um der Nahrung und ihrer Ursachen willen schlechtes Karma des Körpers, der Rede und des Geistes angesammelt hat, denkt man an seine negativen Taten, wenn man stirbt und stirbt mit Reue. Zudem fällt man nach dem Tod in leidvolle Bereiche.

Trotz alledem hat Nahrung einige Vorteile - schließlich ist der Körper davon abhängig. Wir sollten denken, bevor wir die Nahrung zu uns nehmen: "Da es nicht richtig ist, nur für den Erhalt meines Körpers Nahrung zu mir zu nehmen, werde ich mich rein verhalten und mich um den Erhalt meines Körpers kümmern. Wohltäter und diejenigen, die Handlungen der Nächstenliebe ausführen, arbeiten so hart, dass ihre Haut, ihr Fleisch und ihr Blut austrocknen! Dann machen sie ihre Geschenke mit dem Wunsch nach guten Ergebnissen. Ich werde sicherstellen, dass ihre Handlungen große Wirkungen erzielen werden." Wir sollten uns auch daran erinnern, dass in 2antidevas Kompendium der Schulungen die Anweisungen gegeben werden, beim Essen zu denken, dass (1) man dem Gebenden damit dient; (2) so wie man nun durch das materielle Geschenk der Nahrung Mikroorganismen in seinem Körper sammelt, man in der Zukunft diese Wesen durch Belehrungen versammelt; und (3) man damit das Wohlergehen aller Lebewesen erlangt. Auch in Nagarjunas Brief an einen Freund heißt es: "Nahrung sollte man wie Medizin zu sich nehmen, frei von Begierde und Abneigung, nicht um des Hochmuts wegen noch um der Stärke willen, sondern allein, um den Körper aufrechtzuerhalten."

Nicht zur falschen Zeit schlafen
Wie man eifrig praktiziert, ohne zur falschen Zeit zu schlafen, und wie man während des Schlafes richtig handelt: Im Brief an einen Freund heißt es: "Oh du Vernünftiger, nachdem du den ganzen Tag und auch im ersten und letzten Teil der Nacht die Tugenden entwickelt hast, schlafe zwischen diesen beiden Zeiträumen mit Vergegenwärtigung, indem du nicht einmal die Zeit des Schlafes verschwendest." "Den ganzen Tag" und "der erste und letzte Teil der Nacht" bezieht sich auf das, was zwischen den Meditationssitzungen getan werden sollte. Wir sollten daher während des Sitzens oder Stehens zielgerichtet handeln, wie ich zuvor erklärt habe, indem wir den Geist völlig von den fünf Verdunkelungen reinigen.

Es gibt Unterweisungen im Hinblick auf das Zügeln der Sinne, das bewusste Handeln und diesen Abschnitt, der von dem Bemühen handelt zu praktizieren, anstatt zu schlafen - und zwar sowohl für die Meditationssitzungen als auch für die Zeit zwischen den Meditationssitzungen. Ich habe daher hier die Unterweisungen für die Zeit zwischen den Meditationssitzungen herausgestellt. Das Verhalten während des Schlafes gehört zu den Übungen zwischen den Sitzungen, weshalb es nicht als zwecklos angesehen werden sollte.

Wie soll ich schlafen? Während des Tages und im ersten der drei Teile der Nacht verbringen wir die Zeit mit heilsamen Handlungen; wir gehen schlafen, wenn der mittlere Teil der Nacht beginnt, denn durch den Schlaf kräftigen wir jene Elemente des Körpers, die durch den Schlaf regeneriert werden. Wenn wir den Körper auf diese Art und Weise pflegen, wird er sehr für die Anwendung beider Arten freudiger Anstrengung in Bezug auf die Seite des Heilsamen dienlich sein.

Wenn wir uns schlafen legen, sollten wir zunächst den Meditationsraum verlassen, unsere Füße waschen und dann unseren eigenen Raum betreten. Dann legen wir uns auf die rechte Seite, das linke Bein auf das rechte Bein und schlafen wie ein Löwe. Unter allen Tieren ist es der Löwe, der seine überragende Fähigkeit, sein Selbstvertrauen und seine Kraft dazu einsetzt, seine Gegner zu bezwingen. Genauso wird derjenige, der die Praxis mit freudiger Anstrengung ausübt, anstatt zu schlafen, seine überragende Fähigkeit usw. dazu nutzen, seine Gegner zu bezwingen und, wenn er ruht, schlafen wie ein Löwe. Dies ist ein anderer Schlaf als der der hungrigen Geister, Götter oder derjenigen, die in Begierden verwickelt sind, da sie alle gekennzeichnet sind durch Faulheit, eine schwach ausgeprägte Tatkraft und geringe Fähigkeiten, die Gegner zu bezwingen.

Aus einer anderen Perspektive betrachtet, bedeutet das Schlafen wie ein Löwe auf der rechten Seite, dass der Körper natürlicherweise nicht schlaff wird. Auch wenn man eingeschlafen ist, verliert man seine Vergegenwärtigung nicht. Der Schlaf wird nicht schwer. Man hat keine schlechten oder sündhaften Träume. Wenn wir jedoch auf irgendeine andere Weise schlafen, werden sich alle Fehler einstellen, die das Gegenteil dieser vier darstellen.

Es gibt vier Arten von Gedanken mit denen man einschlafen sollte: (1) Der Gedanke an die Erleuchtung: Wir stellen uns ein Licht vor und schlafen während dieser Vorstellung ein. So ist es nicht möglich, dass beim Einschlafen Dunkelheit im Geist aufkommt. (2) Vergegenwärtigung: Diese entsteht, wenn wir bedeutungsvollen, tugendhaften Belehrungen zugehört, darüber nachgedacht und meditiert haben. Diese Praxis sollten wir üben, bis wir eingeschlafen sind. Dadurch wird sich der Geist weiterhin auch nach dem Einschlafen mit den Unterweisungen beschäftigen, gerade so, als wenn man gar nicht schlafen würde. Kurz gesagt, wir werden die heilsame Praxis auch während des Schlafes aufrechterhalten. (3) Wachsame Selbstprüfung: Während wir auf diese Art und Weise Vergegenwärtigung entwickeln, können Sorgen aufsteigen. Wenn dies der Fall ist, nehmen wir sie wahr und beseitigen sie, anstatt sie hinzunehmen.

(4) Der Gedanke des Aufstehens; dieser beinhaltet drei Aspekte: Erstens, sollten wir den Geist nicht in einen Zustand rutschen lassen, in dem er vom Schlaf völlig überwältigt wird. Stattdessen sollten wir sehr leicht schlafen wie ein Reh und mit einem Geist freudiger Anstrengung. Dies verhindert einen schweren Schlaf und versetzt uns in die Lage zu erwachen, ohne zu verschlafen. Zweitens denken wir "Ich werde mich immer darin üben, wach zu bleiben, so wie es der Buddha gelehrt hat," und dann streben wir diesem Ziel entgegen. Somit wird der Schlaf nicht vom Schlaf eines Löwen abweichen, den der Buddha erlaubte. Drittens sollten wir denken, "Genauso wie ich am heutigen Tag mit freudigem Geist beharrlich die Tugenden entwickelt habe, ohne zu schlafen, werde ich dasselbe auch morgen tun." Dies wird verhindern, dass die Kontinuität des heilsamen Strebens unterbrochen wird. Selbst wenn wir unser Streben vergessen, sollten wir immer daran arbeiten, es zu stärken.

Wenn wir uns beim Essen und Schlafen so verhalten, begehen wir keine falschen Handlungen. Da uns ein entschlossenes Handeln in dieser Art und Weise davon abhält, unser Leben zu vergeuden, habe ich es so erklärt, wie der edle Asanga es aus den Sutras zitiert hat. Alles was ich hier darüber gesagt habe, wie man sich vor, während, nach und zwischen den Sitzungen verhalten soll, bezieht sich auf alle Meditationen, die in meinem Text beschrieben werden, einschließlich des Teils über die Besondere Einsicht. Die einzigen Ausnahmen bilden die spezifischen Abläufe während der eigentlichen Sitzungen. Dies beendet die Erklärung darüber, was zwischen den Sitzungen zu tun ist.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Snow Lion. Der vollständige Titel des Buches heißt: Tsong-kha-pa. The Great Treatise on the Stages of the Path to Enlightenment, Lamrim Chenmo. Vol. One, Ithaca, New York 2000. Band 3 ist im November 2002 erschienen, Band 2 ist für November 2003 geplant. Mehr zu diesem Buch und anderen Titeln des Verlages unter: www.SnowLionPub.com

Aus dem Englischen übersetzt von Antje Becker.