Am Anfang des Pfades steht die Lehrer-Schüler-Beziehung

von Kensur Geshe Ugyen Rinpoche

Das Anvertrauen an den geistigen Lehrer ist nach Dsche Tsongkapa das Fundament der buddhistischen Praxis und bildet eine wesentliche Voraussetzung für ihr Gelingen. Natürlich ist es nicht die einzige essentielle Praxis, sondern hinzukommen die drei Hauptaspekte des Pfades wie die Entsagung, der Erleuchtungsgeist und die Erkenntnis der Leerheit, die auch wesentlich sind.

Das wichtigste beim Anvertrauen ist, dass wir Vertrauen in den Lama entwickeln, weil wir seine Tugenden erkennen, und dass wir uns um Hingabe bemühen, weil wir die Freundlichkeit und Hilfe sehen, die wir durch ihn erfahren. Damit eine Lehrer-Schüler- Beziehung zustande kommt, die am Anfang des Anvertrauens steht, muss sowohl von Seiten des Schülers als auch von Seiten des Lehrers der Wunsch und die Bereitschaft bestehen, eine solche Beziehung einzu-gehen. Erklärt der Lehrer mit diesem Wunsch auch nur einen Vers des Buddha-Dharma, dann kann dadurch eine Lehrer-Schüler-Beziehung entstehen. Wenn der Schüler allerdings nicht die Absicht hat, die betreffende Person als ihren persönlichen geistigen Lehrer zu betrachten, kann sie natürlich Unterweisungen hören und sich informieren, aber der Lehrende wird dann nicht zum persönlichen Meister dieses Schülers, egal wie viel Unterricht er erteilt. Auch wenn der Lama als verwirklichter Lehrer bekannt ist, aber wir selbst nicht den Wunsch haben, uns ihm als Schüler anzuvertrauen und ihn als Lama anzusehen, kann er nicht der persönliche Lehrer werden.

Der Ratschlag, dass wir das gute Verhältnis zum geistigen Lehrer bewahren und darauf achten sollten, es nicht zu zerstören, gilt für jene, die sich entschieden haben, eine Person als ihren persönlichen Meister anzusehen, wobei auch der Lehrer bereit sein muss, diese Verbindung einzugehen. Die Entscheidung, ob wir jemanden zu unserem Lehrer machen, steht uns frei. Wenn wir uns jedoch positiv entschieden haben, sollten wir die Unterweisungen anwenden, die darauf abzielen, eine gute Beziehung zu ihm zu bewahren. Die Verbindung zwischen Lehrer und Schüler hängt also nicht vom Wissen und Bekanntheitsgrad des Lama ab, sondern von der Entscheidung beider Seiten, eine Lehrer-Schüler-Beziehung einzugehen. Ganz gleich ob ein Lehrer Ordinierter ist oder Laie, ob er in der Welt bekannt ist oder nicht, wir sollten ein gutes Verhältnis zu ihm bewahren, wenn wir ihn als unseren persönlichen Lehrer angenommen haben. Der Lehrer ist von großer Bedeutung, denn wer den Buddhismus praktizieren möchte, braucht eine gute Kenntnis dieser Praxis. Wir brauchen die Anleitung von einem qualifizierten Lehrer, und deshalb sollten wir uns darum bemühen, eine Verbindung zu knüpfen. Allerdings ist es nicht gut, sich vorschnell in eine solche Beziehung zu stürzen. Stattdessen untersuchen wir denjenigen, der als Lehrer in Frage kommt, eine Zeit lang. Erst wenn wir von seinen Qualitäten überzeugt sind, sehen wir ihn als persönlichen Meister an. Haben wir diesen Schritt vollzogen, ist es falsch, den Lama herabzuwürdigen, ihn in negativem Licht zu sehen oder andere Handlungen durchzuführen, die das gute Verhältnis stören würden.

Kenntnisse über die Dharma-Praxis erwerben wir durch die Anleitung von einem qualifizierten Lehrer. Dabei ist es gut, mehrere Lehrer zu haben. Es ist nicht richtig zu denken, wir könnten oder sollten nur einen einzigen persönlichen Lehrer haben. Mehrere Lehrer zu haben ist vorteilhaft, damit wir ausgedehnte und umfassende Kenntnisse und Anleitung erwerben können. Wer sich in rechter Weise auf einen spirituellen Meister stützt, erlangt die Vorteile dieser Praxis, wie dass er sich der Erleuchtung nähert, die Buddhas erfreut usw. Wer sich nicht anvertraut oder nicht in korrekter Weise anvertraut, wird Nachteile erfahren. Diese Nachteile nicht zu erleben, bringen für sich allein schon Vorteile.

Der Lehrer erledigt die Aufgaben des Buddha
Die Essenz des Anvertrauens lässt sich in zwei Punkten darstellen: das Anvertrauen von der Geisteshaltung und von dem eigenen Verhalten her. Ich möchte vor allem das Anvertrauen von der Geisteshaltung her erklären - und zwar in zwei Abschnitten: erstens die Schulung von Vertrauen zum geistigen Lehrer - dieses entsteht, indem wir uns seine Tugenden und positiven Qualitäten vor Augen führen - und zweitens das Entwickeln von Hingabe oder Respekt, was dadurch geschieht, dass wir uns seine Güte und Freundlichkeit bewusst machen. Dadurch wächst eine dankbare, hingebungsvolle Geisteshaltung in uns. Bei der Schulung von Vertrauen ist es das Ziel, den Lama als Buddha anzusehen. Warum soll man diese Wahrnehmung entwickeln? Weil sie nur Vorteile hat und keinerlei Nachteile. Auf der Basis der Wahrnehmung des Lama als Buddha können wir den ganzen Nutzen aus der Beziehung zum geistigen Lehrer ziehen. Betrachten wir ihn als gewöhnliches Wesen, werden diese Vorteile nicht erzielt, wir erfahren nicht die Inspiration und den Segen der Buddhas. Wollen wir durch das Anvertrauen an den geistigen Lehrer den Segen der Buddhas erfahren, sollten wir uns in der Haltung schulen, den Lama als Buddha anzusehen.

Wichtig ist auch zu verstehen, dass die Wahrnehmung, den Lama als Buddha anzusehen, keine Vorteile für den Meister selbst hat, sondern der Nutzen allein auf der Seite des Schülers liegt, weil dieser dadurch die Inspiration der Buddhas erfährt. Wenn wir den Lama nicht als Buddha ansehen, sondern als gewöhnlichen Menschen, ist es ebenfalls nicht der Meister, der dadurch Nachteile in Kauf zu nehmen hätte, sondern der Schüler, der so nicht den vollen Nutzen aus der Verbindung ziehen kann. Üben wir also das Anvertrauen von der Geisteshaltung her, so tun wir das für uns selbst; es ist nichts, was dem Lama zu Gute käme. Dies sollten wir uns bewusst machen. Ein wesentlicher Grund dafür, in dem Lama die Qualitäten des Buddhas zu sehen, liegt darin, dass es so unendlich viele Vorteile hat, und zwar für die eigene spirituelle Praxis. Darüber hinaus vollführt der Lama die Heilsaktivität der Buddhas, er erledigt sozusagen die Aufgaben des Buddhas. Dies führt uns zum zweiten Punkt des Anvertrauens von der Geisteshaltung her, dem Respekt oder der Hingabe. Die Hilfe, die wir vom Lama erfahren, ist noch größer als die Freundlichkeit der Buddhas, wenn wir bedenken, dass die Buddhas uns gar nicht anders als durch die Unterweisungen im Dharma nutzen können. Die Buddhas können uns ihre Tugenden nicht einpflanzen oder übertragen, sondern sie lehren den Pfad, so dass wir ihn selbst praktizieren und die Tugenden in uns verwirklichen können. Dafür ist der Lehrer verantwortlich, und er erfüllt diese Aufgabe direkt uns selbst gegenüber. Deshalb ist die Freundlichkeit des Lama so groß, denn durch ihn wirkt die Heilsaktivität der Erwachten.

Wir können uns wandeln
Die Frage ist, ob es überhaupt möglich ist, den Geist so zu schulen, dass wir den Lama als Buddha sehen bzw. in ihm die Qualitäten des Buddhas wahrnehmen können. In diesem Zusammenhang führen wir uns vor Augen, dass der Geist sich gewöhnen und verändern kann. Ein Beispiel ist das Gottheiten- Yoga, wie es im Tantra geübt wird. Wir können unseren Geist so entwickeln, dass wir alle körperlichen Erscheinungen als Emanationen der Gottheit und ihres Mandala betrachten und dass alle Geistesregungen als Geist der großen Glückseligkeit wahrgenommen werden. Auch kann durch tiefe Konzentrationszustände Wasser erscheinen, wo keins ist, oder der ganze Erdboden als golden wahrgenommen werden. Darüber hinaus gibt es die Meditation gegen Begierde, die darin besteht, alles als Knochen zu betrachten. Dies kann so weit geschult werden, dass dem Übenden die ganze Umgebung und die Menschen als Knochen vorkommen. Wir wissen, dass dies möglich ist. Der indische Meister Shantideva sagt: Es gibt nichts, das nicht durch die Gewohnheit leichter würde. Daran sehen wir, dass wir unsere Wahrnehmung komplett umformen können, auch in Bezug auf den Lama, so dass wir in ihm tatsächlich den Buddha sehen.

Wie betrachten wir nun den Lama? Sollten wir denken, dass er tatsächlich ein Buddha ist oder dass er nicht wirklich ein Buddha ist, sondern wir ihn nur als solchen ansehen? Die Antwort ist: Wir bringen die Einstellung hervor, dass der Lama Buddha ist. Es gibt verschiedene Gründe dafür, warum die Buddhas in Gestalt von Lamas auftreten. Buddha Vajradhara selbst sagte zum Beispiel im Vajra-Zelt-Tantra, dass er in der Zeit des Niedergangs in der Gestalt von geistigen Lehrern, also in gewöhnlicher menschlicher Form, in der Welt erscheinen werde, dass wir in den Lehrern dann Vajradhara selbst sehen und dass wir den Buddhas Respekt erweisen sollten, indem wir die Lehrer verehren. Dies ist eine Prophezeiung des Buddhas selbst. Weiter führen wir uns vor Augen, wie Buddhas entstanden sind und welche Ziele sie verfolgten, als sie noch Bodhisattvas waren. Ihre Absicht war es immer, den Wesen zu dienen. Sie legten das Versprechen ab, zum Wohle der Wesen zu wirken. Nun sind wir in einer Situation, in der die Buddhas uns wirklich helfen können: Wir sind Menschen, ausgestattet mit Freiheiten und guten Umständen für die Dharma-Praxis, somit ist es jetzt an der Zeit, dass die Buddhas ihren ursprünglichen Zielsetzungen entsprechend Dharma unterrichten. Dadurch, dass sie die Erleuchtung erlangten, haben sie diese Möglichkeiten, wobei das Wesentliche ihre Unterweisungen sind. Wie aber sollten sie uns unterweisen und uns den Pfad zur Erleuchtung zeigen, wenn nicht in Form von geistigen Lehrern, mit denen wir direkt Kontakt aufnehmen können?

Ein weiterer Grund dafür, dass die Lamas wirklich Buddhas sind, liegt darin, dass die Heilsaktivität der Erwachten ununterbrochen vorhanden ist. Sobald jemand die Buddhaschaft erreicht, wirkt er ohne Unterlass zum Wohl der Wesen, bis der Daseinskreislauf leer ist. Diese Heilsaktivität der Buddhas muss sich irgendwie kanalisieren, so dass sie auch beim Schüler ankommt und sich praktisch auswirkt, und sie kanalisiert sich im Lama. Der Lama unterrichtet den Dharma und zeigt seinen Schülern im direkten Kontakt den Pfad zur Erleuchtung. Sakya Pandita vergleicht dies mit dem Sonnenlicht, das zwar eine enorme Energie hat, aber mit einem Brennglas gebündelt werden muss, wenn man damit etwas verbrennen möchte. Genau so verhält es sich mit der Heilsaktivität der Buddhas: Sie ist ein enormes Reservoir und steht ununterbrochen zur Verfügung, aber sie muss gebündelt werden auf einen bestimmten Punkt, dass heißt auf ein bestimmtes Wesen in einer bestimmten Situation. Und dies geschieht durch die heilsamen Aktivitäten des Lehrers. Auf der Grundlage dieser Argumente entscheiden wir uns, den Lama als Buddha zu betrachten.

Gegenwärtig leben wir in einer Zeit, in der wir nicht direkt auf die Buddhas treffen können. Wir haben nicht das Karma, sie zu sehen. Somit haben sie keine andere Chance als geistige Lehrer zu erscheinen, wenn sie ihre Heilsaktivität ausüben wollen. In diesem Zusammenhang gibt es noch einen weiteren Punkt zu bedenken: Wenn die Lamas Buddhas sind, warum nehme ich sie nicht als Buddhas wahr, sondern als gewöhnliche Menschen? Wir haben keinerlei Sicherheit darüber, dass sich unsere Wahrnehmung mit der Realität deckt. Wir kennen viele Situationen, in denen uns Dinge anders vorkommen, als sie tatsächlich sind, zum Beispiel sehen wir alles, was uns erscheint, als wahrhaft existent an. In Wirklichkeit aber sind alle Phänomene leer davon, wahrhaft zu existieren. Auch halten wir die Dinge - alles, was geschaffen ist - in unserer Verblendung für beständig, was aber nicht der Realität entspricht. Wir sehen beispielsweise keine Veränderung zwischen dem, wie etwas gestern existiert hat und wie es heute existiert. Nehmen wir als Beispiel einen Freund: Den Freund von gestern gibt es heute nicht mehr. Ein Tag seines Lebens ist verstrichen, und wenn er gestern noch 50 Tage zu leben gehabt hätte, dann ist heute ein Tag davon vergangen. Trotzdem erscheint es uns so, als ob der Freund von heute der gleiche wäre wie der von gestern, als ob der Freund von gestern noch existieren würde. In dieser Weise sind wir getäuscht, so dass uns das Unbeständige als beständig erscheint. Auch in anderen Punkten unterliegen wir Täuschungen. Beispielsweise nehmen wir keine Buddhas wahr, woraus wir schließen könnten, dass es gar keine Buddhas gibt. Aber wir haben kein stichhaltiges Argument, mit dem wir verneinen könnten, dass überall Buddhas sind. Die endgültige Realität durchdringt alle Phänomene, und die Weisheit der Buddhas durchdringt den gesamten Bereich der Phänomene, einschließlich ihrer endgültigen Realität. Also gibt es überall, wo Phänomene vorhanden sind, den Aspekt ihrer endgültigen Realität. Das Weisheitsbewusstsein des Buddhas kann sich überall manifestieren. Dass wir dies nicht wahrnehmen können, heißt aber noch lange nicht, dass es nicht existiert. So sollten wir es auch in Bezug auf den Lama denken: Auch wenn er uns nicht als Buddha erscheint, bildet dies noch kein Argument dafür, dass er nicht doch der Buddha ist.

Beim Anvertrauen geht es um die eigene Meditation
Ein weiterer Punkt ist, dass die Buddhas keinerlei Hindernisse haben, sich zu manifestieren; ihre Wunderkräfte sind unermesslich. Sie können sich in jeder Form zeigen und müssen dabei nicht den Umweg über ein gewöhnliches Lebewesen gehen. Sie tun dies nur aus Mitgefühl, um überhaupt Kontakt mit den Wesen in einer bestimmten Zeit aufnehmen zu können. Somit ist es gut möglich, dass der Lama, der die erleuchtete Heilsaktivität vollführt, tatsächlich eine Manifestation des Buddha ist und kein gewöhnliches Wesen.

Natürlich haben wir Zweifel: Ist mein Lama nun ein Buddha? Denn auch Bodhisattvas, Shravaka-Arhats und gewöhnliche Lebewesen unterrichten Dharma. Woher weiß ich, zu welcher Kategorie mein Lehrer gehört? Der Buddha selbst sagte, dass ein Wesen ein anderes Wesen nicht vollständig zu beurteilen vermag. Falls jemand ein solches Urteil fällt, wird er dadurch selber Schaden nehmen. Dies gilt auch in Bezug auf den Lama, der uns im Dharma unterrichtet: Wir können nicht beurteilen, auf welcher spirituellen Stufe er sich befindet. Wir wissen nicht, ob er ein Buddha ist oder nicht, ob er ein Bodhisattva ist oder nicht, ob er ein Shravaka-Arhat ist oder nicht, ob er ein gewöhnliches Wesen ist oder nicht. Wir können nicht einmal in Bezug auf andere Personen, die nicht in Gestalt eines Lehrers auftreten, ausschließen, dass sie Buddhas sind. Somit ist immer ein Zweifel da oder ein mangelndes Wissen. In einem solchen Fall ist es besser, sich auf die sichere Seite zu stellen. Wenn wir im Zweifel sind, ob etwas existiert oder nicht, ist es besser, erst einmal anzunehmen, dass es existiert. Wenn wir uns fragen: Ist etwas so oder nicht, akzeptieren wir lieber, dass es so ist, und vermeiden dadurch, dass wir etwas Existierendes rigoros ablehnen. Betrachten wir den Lama, denken wir so: "Obwohl ich mit logischen Mitteln nicht beweisen kann, dass er der Buddha ist, ist es für mich persönlich auf jeden Fall besser, ihn so zu sehen. Aufgrund der Argumente, aufgrund des Nutzens, den eine solche Einstellung bewirkt, entscheide ich mich, diese reine Wahrnehmung in Bezug auf den Lama zu üben. Alle Vorteile ergeben sich nicht, wenn ich mich für die andere Alternative entscheide, also den Lama nicht als Buddha betrachte, und darüber hinaus ist dies eine sehr unsichere Sache." In der Tat sprechen mehr Gründe dafür, dass der Lehrer der Buddha ist als dass er es nicht ist, wie wir zuvor schon dargelegt haben. Es geht darum, in der eigenen Geistesschulung, in der Meditation diese Wahrnehmung zu entwickeln und für sich persönlich den Lama als Buddha anzusehen. Der Zweck dieser Übung besteht darin, einen positiven Effekt für die eigene Geistesschulung zu erzielen. Es geht nicht um philosophische Debatten bzw. darum, mit hundertprozentiger Sicherheit beweisen zu können, dass der Lama der Buddha ist. Wir könnten die Frage stellen, ob wir nun jeden Lehrer, den wir auf irgendeinem Gebiet haben, als Buddha ansehen sollten. Führen wir uns dazu den Zusammenhang vor Augen, in dem etwas gelehrt wird, sowie das Ziel und den Zweck. Was weltliche Dinge angeht wie handwerkliche Fertigkeiten, so sind sie in ihrem Nutzen begrenzt. Und wir haben in vielen vergangenen Leben solche Dinge beigebracht bekommen, die uns jedoch auf dem Weg zur Freiheit vom Leiden nicht sonderlich weitergeholfen haben. Im Gegensatz dazu ist die Bedeutung des Lehrens von Dharma viel weit reichender, denn der Dharma kann uns zur vollkommenen Buddhaschaft führen, wodurch ein unermesslicher Nutzen für viele Wesen entsteht. Deshalb kommt dem Lehrer, der uns den Dharma vermittelt, eine herausragende Bedeutung zu. Auch deshalb besteht die Notwendigkeit, eine außergewöhnliche Wahrnehmung gegenüber dem Lehrer zu entwickeln, um für diesen Weg die größten Vorteile zu ziehen. In den Biografien großer Meister spielt das Anvertrauen an den geistigen Lehrer eine große Rolle. Dies geht zum Beispiel aus den Berichten aus dem Prajnaparamita-Sutra über den "Immer weinenden Bodhisattva" hervor, der sich seinem Lehrer in besonderer Weise anvertraute. Weitere Beispiele sind Naropa und Tilopa, Milarepa und Marpa. Die Schüler erlangten durch ihr intensives Verhältnis zu ihren geistigen Lehrern in einem Leben hohe Verwirklichungen bis hin zur vollkommenen Buddhaschaft.

Aus dem Tibetischen übersetzt von Christof Spitz