Polizei musste während Tibet-Demo kaum durchgreifen


Die Berner Kantonspolizei sicherte den Besuch des chinesischen Premierministers Li Keqiang in Bern mit einem Grossaufgebot. Das Bundeshaus war abgesperrt und wenn tibetische Aktivisten dort Parolen riefen, sollten sie sofort abgeführt werden.
Ausser mit vielen Polizisten im Kampfmontur schützte die Polizei das Bundeshaus auch mit einem Gitterzaun, an dem als Sichtschutz schwarze Blachen befestigt sind. Seit dem früheren Freitagnachmittag wurde der Verkehr nicht mehr vor dem Bundeshaus durchgelassen, sondern umgeleitet.
Während der Bundesplatz also ein ungewohntes Bild bot, führte die Tibeter-Gemeinschaft in der Schweiz und Liechtenstein seit dem früheren Nachmittag etwa 250 Meter entfernt eine bewilligte Kundgebung durch. Schätzungsweise 250 Personen hatten sich auf dem unteren Waisenhausplatz versammelt. Die Tibeter wollen mit der Kundgebung China zur Einhaltung der Menschenrechte auffordern und für bessere Lebensbedingungen und Freiheit in Tibet demonstrieren.
Auf dort an Passanten verteilten Flugblättern schreiben die Tibeter, sie begrüssten das Schweizerisch-Chinesische Freihandelsabkommen, das vor der Unterzeichnung steht. Im Abkommen müsse die Schweiz aber die Wahrung der Menschenrechte in Tibet einfordern.
Die Tibeter hätten eigentlich auf dem Bundesplatz demonstrieren wollen. Die Stadt Bern lehnte dies mit der Begründung ab, bei Staatsempfängen stehe dieser Platz nicht für Kundgebungen zur Verfügung.
Aus polizeilicher Sicht verlief die Demonstration friedlich, wie die Kantonspolizei Bern am Abend mitteilte. Einziger Zwischenfall bestand darin, dass gegen 15.30 Uhr mehrere Demonstranten auf die Sperren am Bundeshaus zu eilten. Laut Polizei war ihre Absicht unklar, daher wurden sie einer Kontrolle unterzogen. Einige legten sich schreiend auf den Platz, andere wollten ein Transparent entrollen. Acht Personen wurden auf eine Polizeiwache gebracht, allerdings noch vor 18 Uhr wieder entlassen.
Schweiz sollte Menschenrechtslage in China thematisieren
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hofft, dass die Schweiz anlässlich des Besuches des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang auch die Menschenrechtslage in China auf den Tisch bringen werde. Hunderttausende würden willkürlich ihrer Freiheit beraubt, heisst es in einem Brief an Bundespräsident Ueli Maurer.
Die Schweizer Sektion von AI kritisiert, dass China den Justizapparat missbrauche, um Gegner «mundtot» zu machen. Die Repression sei in den autonomen Regionen Xinjiang und Tibet noch immer gross. Auch friedliche Demonstrationen seien verboten. Zudem würden in keinem anderen Staat der Welt mehr Menschen hingerichtet. AI hofft, dass die Schweiz China «zur Einleitung der nötigen Reformen» verpflichten werde, um «die grundlegenden Rechte der chinesischen Bürgerinnen und Bürger» zu gewährleisten.
Chinas Premierminister weilt derzeit zu einem zweitägigen offiziellen Besuch in der Schweiz. Im Zentrum des bilateralen Treffens steht das Freihandelsabkommen, auch das sich die beiden Länder nach langen Verhandlungen vor zwei Wochen geeinigt haben.
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