Tibeter zünden sich aus Wut auf China selber an

Der jüngste Fall ereignete sich am letzten Freitag. Die 35-jährige Nonne Palden Choetso aus dem Kloster Geden Choeling in Dawu in der Provinz Sichuan habe sich mit Benzin überschüttet und angezündet, berichtete die Organisation Free Tibet aus London. Sie habe «Lang lebe der Dalai Lama» und «Lasst den Dalai Lama nach Tibet zurückkehren» gerufen. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua erlag sie ihren Verbrennungen.

Eine weitere Selbstverbrennung konnte am Freitag in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi von der Polizei verhindert werden. Ein Exil-Tibeter setzte sich vor der chinesischen Botschaft in Brand. Wie die indische Polizei mitteilte, wurde der 25-Jährige von Sicherheitskräften überwältigt und in ein Spital gebracht. Der Mann erlitt leichte Verletzungen. Beim Löschen des Feuers habe er «Freiheit für Tibet» und «Stoppt das Töten in Tibet» gerufen.

Neun Männer und zwei Frauen

Damit setzte sich eine unheimliche Serie fort, die im März ihren Anfang nahm. Elf junge Tibeter – neun Männer und zwei Frauen – haben sich aus Protest gegen die chinesische Herrschaft und die Unterdrückung der tibetischen Kultur in Brand gesetzt. Mindestens sechs kamen ums Leben, über das Schicksal der anderen ist nichts bekannt. Die meisten Fälle ereigneten sich in Sichuan, wo eine grosse tibetische Minderheit lebt. Für Aufsehen sorgte ein Handy-Video, das den 19-jährigen Mönch Lobsang Konchok zeigen soll, der sich Ende September vor dem Kirti-Kloster in Sichuan angezündet hatte (siehe Video).

Die chinesische Führung in Peking reagierte mit den üblichen Schuldzuweisungen an die Exil-Tibeter und den Dalai Lama. «Gewisse Leute spielen diese extremen Akte der Selbstverstümmelung hoch oder stiften sie an, statt sie zu verurteilen», sagte ein Sprecher des Aussenministeriums. Der Dalai Lama selbst betonte am Montag in Tokio, in Tibet finde «eine Art kultureller Genozid» statt. Aus Verzweiflung darüber würden diese «traurigen Vorfälle» geschehen, sagte das geistige Oberhaupt der Tibeter. Die Exilregierung im indischen Dharamsala erklärte, sie unterstütze diese Form des Protests ausdrücklich nicht, da der Buddhismus Gewalt verbiete.

Repression weiter verstärkt

Seit den letzten Unruhen in Tibet im Frühjahr 2008 haben die chinesischen Behörden die Repression weiter verstärkt. Zahlreiche Tibeter – darunter viele Mönche und Nonnen – wurden verhaftet und in «Umerziehungslager» gesteckt. Auf die Selbstverbrennungen reagierten die Behörden mit der Stationierung weiterer Truppen, Strassensperren, willkürlichen Festnahmen, Hausdurchsuchungen und der zeitweisen Unterbrechung von Internet und Telefon, wie exiltibetische Aktionsgruppen berichteten.

Die tibetische Autorin und Aktivistin Tsering Woeser sagte gegenüber CNN, diese Form des Protests werde anhalten, so lange sich die chinesische Tibet-Politik nicht ändere. «Die internationale Gemeinschaft sollte Druck aufsetzen und China verurteilen», forderte sie. Doch davon ist wenig bis gar nichts zu erkennen. Der Westen hofiert der neuen Wirtschaftsmacht China, für die Anliegen der Tibeter hat es da keinen Platz.

Massenversammlung vor Kloster

Diese setzten auf ihre Art ein Zeichen. Rund 10 000 Tibeter sollen sich am Sonntag beim Kloster in Dawu versammelt haben, vor dem sich die Nonne Palden Choetso angezündet hatte, berichtete die Aktivistengruppe Students for a Free Tibet in New York. Die Tibeter seien aus ganz Sichuan zusammengekommen, obwohl es in der Stadt von chinesischem Sicherheitspersonal wimmle, hiess es weiter. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben war laut der Nachrichtenagentur AP nicht möglich.

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