Lage der Tibeter in Nepal immer unsicherer

Schätzungsweise 20.000 Tibeter leben derzeit in Nepal - genaue Zahlen sind kaum zu bekommen. Die meisten kamen nach der tibetischen Volkserhebung von 1959 nach Nepal, als Tausende südwärts über den Himalaya flohen. Auch jetzt noch erreichen jedes Jahr viele Flüchtlinge aus Tibet Nepal, in der Hoffnung, so nach Indien, dem Sitz ihres geistlichen Oberhaupts und der tibetischen Exilregierung, zu gelangen.

Nun, wo die Beziehungen zwischen China und Nepal immer enger werden, können die in letzter Zeit zwischen den beiden Ländern getroffenen Vereinbarungen und Zusammenkünfte „nur als schlechte Nachrichten für die Tibeter“ betrachtet werden, kommentierte der Autor Mikel Dunham, ein genauer Beobachter politischer Entwicklungen in Nepal und häufiger Besucher in dem Land.

Dunham berichtete, daß China im November ein zweiwöchiges Sondertraining für nepalesische Polizisten abhielt, um sie in der Verhinderung „pro-tibetischer, anti-chinesischer“ Aktivitäten und Demonstrationen zu schulen (1). „Und im Dezember 2010 kamen Nepal und China überein, die Sicherheitsmaßnahmen entlang ihrer gemeinsamen Grenze zu verbessern“, fuhr Dunham fort. „Das dient ganz offensichtlich dazu, es den Tibetern zu erschweren, die Grenze von Tibet nach Nepal zu überschreiten.“

„Die allgemeine Stimmung unter den in Nepal gestrandeten tibetischen Flüchtlingen kann man nicht anders als depressiv bezeichnen - eigentlich ist schon es seit einigen Jahren so.“

„Und die Tibeter beginnen nun zu verstehen, daß, gleichgültig welche politische Partei in Kathmandu die Macht innehat, die Regierung Nepals nicht von ihrer pro-chinesischen Haltung abrücken und daher für die Notlage der Tibeter keine große Sympathien - wenn überhaupt welche - aufbringen wird.“

Die Präsidentin von International Campaign for Tibet (ICT) in Washington, Mary Beth Markey, sagte, sie habe „ein Gefühl der Unsicherheit unter den Tibetern festgestellt, das sich zu bestimmten Zeiten noch viel mehr steigere“. „Es gibt allerlei Geschichten in diesem Zusammenhang: Tibeter in Nepal werden Ihnen zum Beispiel sagen, unter den Neuankömmlingen hier gäbe es eine Menge chinesischer Spitzel“.

Sogar religiöse Zeremonien und gesellschaftliche Zusammenkünfte der Tibeter werden von den Behörden in Nepal zunehmend mit Mißtrauen beäugt, fuhr Markey fort. „Ich denke, wir haben es hier mit einer wachsenden Übereinstimmung mit der chinesischen Auffassung zu tun, daß alles, was in der tibetischen Gemeinschaft vor sich geht, einen anti-chinesischen Charakter trägt. Und die Nepalis neigen immer mehr zur Übernahme dieses Standpunkts. Die Chinesen haben ihnen ja wichtige wirtschaftliche Vorteile in Aussicht gestellt“.

Obwohl die nepalesischen Behörden im vergangenen Jahr eine Feier zum Geburtstag des Dalai Lamas erlaubten, konnte diese nur unter großen Einschränkungen abgehalten werden, sagte Tsering Passang vom Tibet Relief Fund in London. Das Ereignis fand in der Tibeter-Siedlung in Jawalakhel außerhalb Kathmandus statt; das Sicherheitspersonal hatte die Hauptzugangswege zu dieser Siedlung abgeriegelt, und nahm Tibeter, die von Boudhanath oder Swayambunath kamen, einfach fest“.

„Deshalb konnten nur jene Flüchtlinge, die in dieser Siedlung wohnen und ein paar, denen es gelang, an der Polizei vorbei zu kommen, die Feierlichkeiten besuchen“. Passang fügte hinzu, daß tibetische Wohlfahrtsverbände, die bisher in Nepal tätig waren, jetzt davon absehen, größere Versammlungen zu organisieren. „Denn jeder weiß, daß die tibetische Flüchtlingsgemeinde ‚unbestimmten Restriktionen’ ausgesetzt ist, denn jederzeit können die Behörden anordnen….“.

(1) Artikel 12. November 2010, „China trainiert nepalesische Polizei für einen härteren Umgang mit den Tibetern“

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