Japan-Besuch des Dalai Lama erzürnt China
Vor Parlamentariern aller Fraktionen, unter ihnen auch der ehemalige Ministerpräsident Shinzo Abe, forderte der Dalai Lama die Abgeordneten auf, sie sollten nach Tibet reisen, um den Selbstverbrennungen der letzten Zeit dort auf den Grund zu gehen. Zwei Tibeter hatten sich unabhängig voneinander am Montag angezündet, sie starben an ihren Verletzungen. Sieben weitere Menschen hatten in den vergangenen Wochen auf diese Weise gegen die chinesische Führung demonstriert.
Der Dalai Lama erklärte, die Regierung in Peking verstehe nicht, was in Tibet vorgehe. „Einige engstirnige kommunistische Funktionäre glauben, dass die tibetische Kultur und der buddhistische Glaube eine Quelle für Separatismus darstellen." Shinzo Abe, dem große Chancen auf eine Rückkehr als Regierungschef bescheinigt werden, kündigte an, Japan wolle im Tibet-Konflikt eine stärkere Rolle spielen. Abe ist für seine harte Linie gegenüber China bekannt.
„Wir werden unser Möglichstes tun, um die Unterdrückung der Menschenrechte zu beenden", sagte Abe. Seine Liberaldemokratische Partei ist haushoher Favorit in den Umfragen. Die nächsten Wahlen dürften im Januar stattfinden. Er war bereits von 2006 bis 2007 Ministerpräsident. Seine Aussagen weichen deutlich von der offiziellen japanischen Linie zu Tibet ab. „Tibet ist eine innere Angelegenheit Chinas", erklärte das Außenministerium zuletzt im November 2011.
Prompt hagelte es auch Kritik aus Peking. Die Regierung wirft dem Dalai Lama vor, für die Unabhängigkeit des Landes im Himalaya zu kämpfen. „Wir sind gegen jede Unterstützung der separatistischen Aktivitäten des Dalai Lama durch andere Länder oder Personen", sagte Regierungssprecher Hong Lei laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. „Der Dalai Lama ist ein politischer Exilant, der seit langem unter dem Deckmantel der Religion antichinesische Aktivitäten betreibt." Tibet sei ein Teil Chinas.
Die scharfen Kommentare sind nur der jüngste Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen den beiden Staaten. Im September hatte sich der Streit um einige Inseln auf eine ganze Reihe von Themen ausgeweitet und das Klima vergiftet. Der Absatz von japanischen Produkten ist in China eingebrochen, was die exportabhängige Wirtschaft hart trifft. Auch die meisten diplomatischen Kontakte wurden abgebrochen, in japanischen Ferienregionen bleiben die chinesischen Touristen aus. Selbst bei wichtigen internationalen Terminen wie dem Treffen von Internationalem Währungsfonds und der Weltbank im Oktober in Tokio sagten die Vertreter aus Peking in letzter Minute ab.
Japan hält sich üblicherweise beim Thema Dalai Lama bedeckt. Der Tibeter ist zwar oft im Land, tritt aber in der Regel nur bei privaten Veranstaltungen auf und trifft sich nicht mit Regierungsvertretern.
Noch vor seiner möglichen Rückkehr ins Amt des Ministerpräsidenten hat Shinzo Abe also für neuen Sprengstoff im Verhältnis zu China gesorgt. Bereits am 17. Oktober hatte er den Yasukuni-Schrein in Tokio besucht, wo die Kriegstoten des Landes verehrt werden. Darunter sind auch verurteilte Kriegsverbrecher aus dem 2. Weltkrieg. Der obligatorische Protest aus Peking folgte sofort.
Im Mai hatten japanische Nationalisten für Ärger gesorgt, weil sie in Tokio eine Konferenz von Separatisten aus der Volksgruppe der Uiguren ausgerichtet hatten. China betrachtet diese als Terroristen.
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