Konzentration: vollkommene Sammlung im gegenwärtigen Moment
von Birgit Stratmann
Von den zahlreichen Meditationsformen ist für Menschen westlicher Konsumgesellschaften die konzentrative vielleicht am schwierigsten. Von Kindheit an prasseln unzählige Eindrücke und Reize auf uns nieder und dringen in das Bewusstsein ein: Fernsehen, Radio, Internet, Werbung allerorten, Zeitschriften, Gespräche, Telefon etc. - Bewusstsein im Belagerungszustand. Gedanken reihen sich aneinander wie auf einer Endlos-Kassette und beschäftigen den Geist manchmal bis tief in die Nacht hinein. Stille ist selten und kann sogar als unheimlich empfunden werden, denn sie macht den inneren Lärm auf unangenehme Weise hörbar. In dieser Situation ist es gewiss nicht leicht, sich für eine Zeit lang auf ein einziges Objekt zu beschränken, wie in der konzentrativen Meditation gefordert.
Die Übung der Konzentration oder "Geistigen Ruhe" besteht darin, den Geist auf ein einziges Meditationsobjekt zu richten und ihn immer wieder zu diesem zurückzuführen, wenn er abschweift. Gedanken, die nichts mit dem Objekt zu tun haben, werden unterbunden. Insofern steht diese Übung genau im Gegensatz dazu, wie wir uns normalerweise verhalten: Im gewöhnlichen Leben lassen wir den Gedanken freien Lauf, suchen begierig nach Ablenkungen und denken assoziativ. Was immer uns einfällt, wird verknüpft mit einem Netz weiterer Vorstellungen und Ideen, aus denen wir wieder neue Gedankenkonstrukte spinnen.
Die Kunst der Konzentration besteht darin, all diese Gedanken loszulassen und den Geist zu fokussieren. Meines Erachtens geht es nicht in erster Linie darum, das Meditationsobjekt krampfhaft festzuhalten, bis Körper und Geist komplett verspannt sind, sondern alles loszulassen, was vom Objekt ablenkt und eigentlich auch überflüssig ist. Der Begriff "Geistige Ruhe" deutet darauf hin, dass es um dieses Loslassen, die innere Stille geht und nicht um eine brachiale Methode, den umherwandernden Geist in die Knie zu zwingen.
Geshe Thubten Ngawang wies einmal darauf hin, dass man nicht mit Gewalt meditieren und das Nervenkostüm überfordern solle. Im Westen erhofften die Übenden oft zu schnell Erfolge und versuchten, Meditation zu erzwingen. Willenskraft und Anstrengung allein reichten jedoch nicht aus, so Geshe Thubten Ngawang. Es müssten viele heilsame Ursachen und Umstände zusammenkommen, damit das Pflänzchen Meditation gedeiht. Man braucht einen Pool von Verdiensten und muss sich reinigen von negativen Anlagen, was u.a. durch die Sechs Vorbereitungen für die Meditation, das Darbringen von Opfergaben, die Mantra-Rezitation etc. geschieht. Außerhalb der Meditationszeiten sollte man sich so verhalten, dass die Konzentration gefördert wird, zum Beispiel durch die Übung der Vier Vergegenwärtigungen.
Die konzentrative Meditation wird nicht nur im Buddhismus geübt, sondern auch in anderen Religionen, Was die Übung zu einer buddhistischen werden lässt, ist die Motivation. Ist die Übung eingebunden in die Zufluchtnahme und fasst der Meditierende zu Beginn den Entschluss, die Befreiung aus dem Kreislauf des Leidens oder die Erleuchtung zum Wohle anderer zu erreichen, wird die Meditation zu einer buddhistischen.
Aller Anfang ist schwer
Traditionell werden neun Stufen zur Geistigen Ruhe (Shamatha) erklärt; die folgenden Ausführungen beruhen auf Unterweisungen von tibetischen Lehrern wie Geshe Thubten Ngawang und Kensur Geshe Ugyen Rinpoche.
1. Innenrichten des Geistes: Am Anfang der Übung zieht man den Geist von äußeren Objekten ab und lenkt ihn auf das Objekt der Meditation. Man vermag dieses jedoch nur kurz festzuhalten. Der Geist ist wie ein Ball, der kurz auf den Boden (sprich: das Objekt) tickt. Das Objekt kann man frei wählen, je nach Neigung; denkbar ist zum Beispiel ein Buchstabe, eine Silbe oder eine andere Form. Für Buddhisten eignet sich am besten ein Buddha-Bild oder eine Buddha-Statue, weil dadurch viele heilsame Nebeneffekte erzielt werden.
Man macht sich vor der Meditation gut mit diesem Objekt vertraut, schaut die Darstellung an und prägt sich die Gestalt gut ein. Dann führt man die Sechs Vorbereitungen für die Meditation durch und setzt sich in eine stabile Meditationshaltung. Man fasst dann den festen Entschluss, den Geist punktförmig auf das Objekt zu richten. Aus dem Entschluss entsteht Kraft: Ich will mich nicht mit anderen Dingen befassen, sondern nur mit dem Meditationsobjekt.
Die eigentliche Übung besteht darin, den Buddha vor sich im Raum zu visualisieren - und zwar in der Größe eines Daumennagels bis zu einer Elle (nicht zu groß, sonst unterstützt man die Zerstreutheit des Geistes). Die Gestalt kann man sich lichthaft und transparent vorstellen, nicht wie eine Statue aus fester Materie. Sie erscheint ähnlich wie ein Regenbogen. Das Objekt darf sich nicht bewegen, der Geist ist schon bewegt genug!
Die Hauptaufgabe heißt am Anfang: Das Objekt finden und "sich zufrieden geben" (Tsongkapa), d.h. die Vergegen-wärtigung muss noch nicht klar und perfekt sein. Wenn man sich in dieser Phase nicht mit den Umrissen begnügt, wird sich keine beständige Konzentration einstellen. Im Gegenteil: Sie baut sich gar nicht erst auf, wenn man schon am Anfang Details visualisieren möchte. Eine ungefähre Vorstellung reicht auf der ersten Stufe völlig aus: Der Buddha sitzt in Meditationshaltung, trägt Roben und ist von goldener Körperfarbe.
Während der Meditation sind folgende Aufgaben zu bewältigen: Erstens muss der Geist beim Objekt bleiben und darf nicht abwandern; dadurch wird Erregung vermieden. Zweitens soll die Wahrnehmung intensiv sein, das heißt, das Objekt muss fest und in einer gewissen Intensität erfasst werden; dadurch wirkt man der Dumpfheit entgegen. Gerade am Anfang sind diese beiden Kräfte, Stabilität (festes Erfassen des Objekts) und eine gewisse Klarheit (statt Trübheit, Undeutlichkeit), entscheidend. Erst später vergegenwärtigt man sich die Einzelheiten des Objekts: den Lotosthron, den unteren und oberen Teil des Körpers, einzelne Glieder, das Gesicht etc.
Das "Innenrichten" ist schwieriger, als es klingt, denn der Geist wandert ständig vom Objekt ab. Er ist seltener beim Objekt als mit anderen Dingen befasst; der Ball tickt auf den Boden und befindet sich dann längere Zeit in der Luft. Von Stetigkeit kann auf dieser Stufe nicht die Rede sein, der Geist hat noch keine Kontinuität erlangt. Manchmal erscheint es den Übenden, als würden ihre Gedanken in der Meditation überhand nehmen. Aber der Schein trügt: Die Ablenkungen sind wie immer, man bemerkt sie lediglich intensiver.
Steter Tropfen höhlt den Stein
2. Stetige Ausrichtung: Auf der zweiten Stufe richtet man den Geist kontinuierlicher, etwa einige Minuten, auf das Objekt. Der Geist verweilt länger beim Objekt als auf der ersten Stufe, aber die Phasen der Ablenkung sind immer noch länger als die Phasen der Konzentration. Die zweite Stufe ist erreicht, wenn man so lange auf dem Objekt bleiben kann, wie es dauert, um einen Rosenkranz lang "Om Mani Padme Hum" zu rezitieren, das Mantra von Avalokiteshvara. Die erste und zweite Stufe sind relativ leicht zu erreichen.
Das wichtigste Mittel in der Meditation ist die Vergegenwärtigung, das heißt das stetige Erinnern des Meditationsobjekts. Diese Kraft bewahrt den Geist davor, zu Sinnesobjekten oder Gedanken abzuwandern. Die Vergegenwärtigung lenkt ihn immer wieder zum Objekt zurück. Im Fall von Geräuschen, Juckreiz am Körper oder anderen Sinneseindrücken wäre es falsch, diesen nachzugehen und sich dadurch stören zu lassen. Das gleiche gilt für Gedanken, selbst wenn sie heilsamer Natur sind. Wenn man Konzentration schult, ist es nicht angemessen, sich beispielsweise mit den Qualitäten des Buddha - seinem Mitgefühl, seiner Weisheit - zu beschäftigen; solche Gedanken sind in dem Moment Ablenkungen.
Damit Vergegenwärtigung überhaupt aufrecht erhalten werden kann, braucht man eine zweite wichtige Kraft: die wachsame Selbstprüfung. Sie hat die Funktion, das körperliche, sprachliche und geistige Verhalten in allen Situationen zu überprüfen und ist eine Art wachsames Untersuchen des eigenen Geistes. Sie wird mit einem Späher verglichen, der den Geist dahingehend überprüft, ob Fehler wie Erregung oder Dumpfheit auftauchen. Bei der Anwendung der wachsamen Selbstprüfung darf man das Meditationsobjekt nicht verlieren.
Ist die Selbstprüfung zu schwach, werden Hindernisse in der Meditation nicht bemerkt und der Geist macht, was er will. Hat der Übende durch Selbstprüfung erkannt, dass Fehler in seinem Geist vorhanden sind, muss er die Vergegenwärtigung stärken und damit die Konzentration auf das Objekt erhöhen. Die wachsame Selbstprüfung ist von Beginn an wichtig; sie wird aber vor allem auf der 5. und 6. Stufe unabdingbar, wenn es darum geht, subtilere Hindernisse zu überwinden.
3. Wiederholte Ausrichtung (tibetisch "Flicken"): Auf der dritten Stufe ist die Konzentration schon besser: Die Ablenkungen währen nur kurz, der Geist ist als Resultat der stetigen Übung sofort wieder beim Objekt. Der Übende bemerkt sofort, wenn der Geist abschweift, und richtet ihn schnell zurück. Er hat das Gefühl, dass die Gedanken etwas zur Ruhe kommen, im Gegensatz zu den ersten beiden Stufen, wo die Gedanken mehr zu werden scheinen. Die Meditationssitzung dauert vielleicht fünf bis zehn Minuten.
Auf dieser Ebene fällt der Meditierende zwischen den Extremen, Sinken und Erregung, hin und her. Wie Kensur Geshe Ugyen einmal sagte: Die Übung besteht darin, die Mitte zu finden - ähnlich wie bei einem Paket, das man zuschnürt; man darf das Band weder zu locker noch zu eng schnüren.
Grobes Sinken ist, als ob der Geist in Dunkelheit versinkt, das Objekt erscheint nicht klar. Auch wenn der Geist beim Objekt verweilt, umgibt ihn eine Schwere und Dunkelheit. Feines Sinken, das auf den höheren Stufen zum großen Hindernis wird, tritt auf, wenn Stetigkeit und Klarheit schon erreicht sind; es mangelt aber an Intensität und Schärfe beim Erfassen des Objekts. Erregung hingegen macht den Geist unruhig und undiszipliniert. Grobe Erregung führt zum Verlust des Objekts; bei der feinen Erregung bleibt der Geist zwar beim Objekt, aber ein Teil des Geistes wandert ab.
Übung macht den Meister
4. Intensive Ausrichtung: Auf Stufe vier hat der Übende eine stark verbesserte Konzentration über längere Zeit, und es gibt keine groben Ablenkungen mehr. Der Geist wird stabiler und ist während der Meditation nie mehr ganz vom Objekt getrennt, d.h. er verliert das Objekt nie völlig. Die Klarheit nimmt zu. Das Anwachsen von Stabilität und Klarheit geht auf die kontinuierliche Anwendung der Vergegenwärtigung zurück. Sinken und Erregung treten in feineren Formen auf, aber das Bild des Meditationsobjekts bleibt im Hintergrund bestehen.
Bis zur vierten Stufe ist der Meditierende hauptsächlich damit beschäftigt, das Objekt über längere Zeit zu halten. Die nun folgende 5. und 6. Stufe sind am schwierigsten zu meistern, weil hier mit feinen Formen von Sinken und Erregung die größten Hindernisse auftreten. Die feine Erregung zeigt sich in Form störender Gedanken unter der Oberfläche; sie führt nicht zum Verlust des Objekts. Das grobe Sinken macht den Geist unklar, feines Sinken verhindert Intensität und Schärfe des Geistes. Der Dalai Lama sagte einmal, es sei schwierig, diese Hindernisse theoretisch zu beschreiben; man müsse in der Erfahrung versuchen, sie ausfindig zu machen.
5. Zähmung: Auf der fünften Stufe kümmert sich der Meditierende vor allem um das Sinken des Geistes, also eine gewisse Unklarheit in der Erscheinung des Objekts. Generell wechseln sich Sinken und Erregung oftmals ab: Neigt der Geist dazu abzuschweifen, erhöht man die Kraft der Vergegenwärtigung und bringt mehr Anstrengung auf, um den Geist an das Objekt zu binden und ihn zu dämpfen. Im Verlauf dieser Bemühungen kann es geschehen, dass der Geist ermüdet und unklar wird. Sinken kann als Folge der Anwendung von Methoden gegen die Erregung auftreten. Der Geist ist dann zu stark nach innen gewandt und verliert dadurch an Klarheit. Bekämpft man wiederum das Sinken, indem man den müden Geist aufhellt und mehr Eifer an den Tag legt, erhöht sich die Klarheit des Geistes wieder, und es kann geschehen, dass die feine Erregung erneut auf den Plan tritt.
Die Anweisung gegen das Sinken auf der fünften Ebene lautet, dass man mehr Tatkraft aufbringen soll, zum Beispiel indem man sich während der Sitzung kurz die Vorzüge der Konzentration bewusst macht, ohne jedoch ganz vom Objekt abzuwandern. (Die Vorzüge muss man natürlich parat haben und an diesem Punkt lediglich kurz abrufen.) Als weitere Mittel gegen Sinken wird genannt, dass man sich etwas Helles, Strahlendes oder Kühles, Erfrischendes vorstellt, etwa das Sonnenlicht oder einen Berg mit weiter Sicht, auf dem ein frischer Wind weht. Wenn das nicht fruchtet, kann man sich vom Meditationssitz erheben, um sich etwas zu bewegen oder nach draußen gehen und den Blick in den Himmel richten.
Auf der fünften Stufe ist der Geist eng mit dem Objekt verknüpft. Man bringt eine klare und intensive Visualisierung des Objekts hervor. Diese und die folgende Stufe wird vor allem durch die Kraft der wachsamen Selbstprüfung erlangt. Der Meditierende hat eine Beherrschung seines Geistes erreicht, die allerdings noch mit Anstrengung verbunden ist.
6. Befriedung: Auf der sechsten Stufe wirkt der Übende vor allem der Erregung in Form subtiler störender Gedanken entgegen. Die Bekämpfung des Sinkens auf der vorangegangenen Stufe führt zu feiner Erregung. Mit wachsamer Selbstprüfung wird dieses Hindernis erkannt. Dann macht sich der Meditierende kurz die Nachteile der Erregung bewusst und richtet den Geist fest auf das Meditationsobjekt aus; damit wird die Verbindung zum Objekt gestärkt. Man muss an diesem Punkt die Kraft der Wachsamkeit sehr intensiv anwenden.
Feines Sinken wird beendet, während man noch seinen Geist daraufhin prüft. Mit der sechsten Stufe wird die mangelnde Freude bei der Meditation überwunden, da der Geist von Ablenkungen weitgehend frei ist. Sinken und Erregung sind nur noch latent vorhanden, Selbstprüfung und Vergegenwärtigung sind sehr stark. Der Übende geht zum siebten Stadium über, wenn das Aufkommen feiner Erregung weitgehend unterbunden ist.
Entspanntes Verweilen
7. Vollständige Befriedung: Die Extreme von Sinken und Erregung, auch in subtilen Arten, die den Geist aus dem Gleichgewicht bringen, tauchen nun kaum mehr auf. Ein Kampf wie auf den vorigen zwei Stufen ist nicht mehr notwendig. Allerdings muss der Meditierende auf der Hut sein und darauf achten, dass diese Fehler sich nicht des Geistes bemächtigen. Er ist so geübt, dass er auch kleinste Fehler schnell abwenden kann; sein Geist wird nicht mehr ernsthaft geschädigt.
Auf der Oberfläche des Geistes ist weniger Anstrengung nötig, weil der Geist in seiner Tiefe gesammelt ist und im Kern die feste Verbindung zum Objekt besteht. Der Geist verweilt in einem natürlichen Gleichgewicht. Die Meditation fällt leichter und wird entspannt fortgesetzt. Die Gefahr, das Objekt oder die Klarheit zu verlieren, besteht nicht mehr. Der Übende erlangt eine Freiheit von Ablenkungen. Er durchschaut alles, was der Meditation schaden könnte, und unterlässt es - auch außerhalb der Sitzungen, z.B. sinnlose Rede.
8. Punktförmige Ausrichtung: Auf der achten Stufe gibt es keine subtilen Spuren mehr von Sinken und Erregung, aber noch ist zu Beginn der Sitzung Anstrengung notwendig, um Konzentration beliebig lange beizubehalten. Im Verlaufe der Meditation jedoch ist die Gewöhnung so stark, dass keine Anstrengung mehr aufgebracht werden muss. Auf der neunten Ebene,
9. Meditatives Gleichgewicht, kann der Übende den Geist mühelos, ohne Anstrengung, auf das Objekt richten, solange er möchte. Eine tiefe Konzentration, verbunden mit Klarheit und Stabilität des Geistes ohne Anstrengung ist erreicht. Damit erlangt er die punktförmige Ausrichtung des Geistes im so genannten Sinnlichen Bereich, jenem Bereich im Daseinskreislauf, in dem auch die Menschen und Tiere leben. Es ist die höchste Stufe der Konzentration, die mit einem Geist dieses Bereichs erlangt werden kann.
Das "Glück der Beweglichkeit" (Shamatha oder Geistige Ruhe) ist auf dieser Stufe allerdings noch nicht verwirklicht. Es entsteht erst, wenn man die Meditation fortsetzt, d.h. den Geist in diesem Gleichgewicht verweilen lässt. Bei weiterer Übung über die neunte Ebene hinaus stellt sich eine außergewöhnliche Freude ein, ein Gefühl des Glücks und der Leichtigkeit - sowohl körperlich als auch geistig. Shamatha, Geistige Ruhe, ist die Fähigkeit, den Geist mühelos auf Heilsames auszurichten, solange man es wünscht, verbunden mit dem Erleben dieses Glücksgefühls.
Achtsamkeit: das Tor zur Konzentration
Ein sehr förderlicher Umstand für die Konzentration ist das achtsame Verweilen im gegenwärtigen Augenblick. Wir wissen, was wir gerade denken, sagen, tun. Wir wissen, welche Gefühle da sind, welche Geistesfaktoren gerade aktiv sind. Wir lassen uns nicht in das hineinziehen, was dem Geist spontan in den Sinn kommt. Wir wandern nicht ab in Vergangenheit oder Zukunft; wir schwelgen nicht in Erinnerungen und schmieden keine Pläne für morgen. Wenn man im gegenwärtigen Moment lebt, entstehen Konzentration und geistige Kraft von allein. Ist der Geist durch Achtsamkeit gesammelt, empfinden wir uns emotional im Gleichgewicht, stabil und fest, was die ideale Voraussetzung für die konzentrative Meditation ist.
Konzentration ist die vollkommene Sammlung im gegenwärtigen Augenblick, gerichtet auf ein einziges Objekt. Wir kommen zum Wesentlichen und verzichten auf alles, was nicht notwendig ist. Damit befreien wir uns von den Verirrungen, starken Emotionen, inneren Dialogen und entfesselten Gedanken. Dies muss nicht durch Kampf geschehen, sondern kann wirksamer sein auf der Basis eines zufriedenen, heiteren Geistes, der einfach im gegenwärtigen Moment verweilt und glücklich ist. So kann die konzentrative Meditation eine wahre Erholung für den erschöpften Geist sein, der sich mit nichts anderem zu beschäftigen hat als mit einem einzigen Objekt. Dadurch wird das Leben im Grunde sehr einfach, sofern die Muße da ist, eine Zeit lang ungestört zu meditieren.
Für die unter uns, die viele Pläne haben, die Anforderungen von außen zu erfüllen und Arbeiten zu erledigen haben, sieht es natürlich anders aus. Es könnte passieren, dass sie in der Meditation quasi in die Schlacht ziehen, um die vielen Gedanken zu bändigen, und kaum ist die Sitzung beendet, warten neue Aufgaben auf sie. In den Schriften wird daher betont, dass Muße und Genügsamkeit wichtige Voraussetzungen für das Gelingen der konzentrativen Meditation sind. Wer das Glück hat, sich eine Zeit lang - seien es einige Tage, Wochen oder sogar Monate - nur der Meditation widmen zu können, ohne sich um etwa anderes kümmern zu müssen, hat es leichter, die innere Ruhe und Balance für die konzentrative Meditation zu finden.