Tseyang Gyatso, 1682 - 1706

Tshangyang Gyatso wurde im Geheimen erzogen, nach den Vorschriften des von seinem Vorgänger Lobsang gyatso 1679 eingesetzten Regenten, des Dipa/Desi Sanggye gyatso. Der Grund dafür war, dass offiziell, d.h. für außenpolitische Zwecke, noch der 5. Dalai Lama am Leben war (bis April 1697) und es somit auch noch keine Wiedergeburt geben durfte.
Tshangyang gyatso war ein lebenslustiger junger Mann und für seinen sinnenfreudigen Lebenswandel bekannt. Er wurde vom Penchen Lama nicht als Dalai Lama bestätigt, erhielt aber religiöse Unterweisungen von Penchen Lobsang Yeshe. Es ist als Zeichen des besonderen Respektverhältnisses zwischen diesen beiden Lamas zu werten, dass Tshangyang gyatso eigens nach Trashilhünpo in Shigatse reiste, um seine Mönchsgelübde zurückzugeben und in den Laienstand zu treten.
Unfähig, seinen Verpflichtungen nachzukommen – doch unverändert mit weltlichen Vorrechten ausgestattet – geriet er in den Machtkampf zwischen dem Regenten Sanggye gyatso und einem mongolischen Khan namens Lhabzang Khan (reg. 1703–1717) von den Qoshoten. Der versuchte ihn nach der Entmachtung des Regenten absetzen zu lassen, doch die Lamas befanden, dass der sechste Dalai Lama wegen seines „fehlenden Geistes der Erleuchtung“ nicht seinen Status als Reinkarnation verlöre. Nun griff Lhabzang zur Gewalt und setzte sich damit schließlich durch (Belagerung des Klosters Drepung). Tshangyang gyatso wurde auf „eine Reise nach China“ geschickt, auf der er wahrscheinlich im November 1706 ermordet wurde. Nach anderen Quellen soll er an einer nicht näher angegebenen Krankheit gestorben sein.
Tshangyang gyatso gilt als der große Poet unter den Herrschern Tibets, und aus diesem Grund ist er bis heute sehr beliebt im tibetischen Volk.